Reynatis

Rezension zu Reynatis

Reynatis ist ein von FuRyu Corporation und Natsume Atari entwickeltes sowie von FuRyu Corporation und NIS America, Inc. auf PlayStation 4, PlayStation 5, Nintendo Switch und PC veröffentlichtes Action-Rollenspiel (RPG).

Reynatis erzählt die Geschichte einer Gruppe von Menschen, die magische Fähigkeiten besitzen und inmitten eines modernen Shibuya unter nicht-magischen Menschen existieren – und den Problemen, die damit einherkommen.

Die Spielwelt von Reynatis zeigt deutliche Einflüsse von The World Ends With You (kurz: TWEWY) sowie dessen Nachfolger NEO: The World Ends With You (kurz: NEO:TWEWY), insbesondere durch die gemeinsame Kulisse in Shibuya.
Diese Parallele verdeutlicht Reynatis zudem durch eine franchiseübergreifende Mission, in der Charaktere aus Reynatis auf Charaktere aus NEO:TWEWY in einer Parallelversion von Shibuya treffen, die eine verschmolzene Version der Shibuya-Versionen beider Spielwelten darstellt.
Es bleibt abzuwarten, ob in Kingdom Hearts 4, das in der Spielwelt „Quadratum“ ebenfalls Elemente von Shibuya integrieren wird, ähnliche Parallelen erkennbar sein werden. Vielleicht dürfen wir auch auf eine Verbindung zu NEO:TEWEY und/oder Reynatis hoffen.

Auch die Einflüsse des Like a Dragon- (ehemals Yakuza- )Franchises sind spürbar, vor allem in den Geschäften, den Items und dem Smartphone-Menü des Spiels.

Das Kampfsystem ist sehr interessant, da es sowohl offensive als auch defensive Formen bietet, die geschickt miteinander kombiniert werden können, um einen einzigartigen Flow zu erzeugen. Es ist jedoch schade, dass die KI der Gegner so träge ist, dass im defensiven Modus kaum Möglichkeiten zum Ausweichen bestehen, was den Flow beeinträchtigt. Vor allem bei Gegnern mit Schilden wird dies deutlich, da der Schild nur mit einem Ausweichmanöver zerstört werden kann – was einen der trägen Angriffe voraussetzt. Besonders faszinierend ist, dass das Erlangen neuer Fähigkeiten und deren Fortschritt eng mit der Erfüllung von Nebenaufgaben verknüpft ist.

Reynatis ist sowohl als digitale als auch als physische Version zu einer UVP von 59,99 € erhältlich.
Im NIS America Onlineshop war zudem eine physische Limited Edition zu einer UVP von 99,99 € erhältlich.

Auch wenn die magischen Elemente prinzipiell nicht in die Moderne passen: Reynatis hat es dennoch stilistisch hinbekommen.

Entstehungsgeschichte

Die Entwicklung von Reynatis ist stark geprägt von den Einflüssen der japanischen Rollenspielkultur.

Kazushige Nojima, bekannt für seine Arbeit an den Geschichten von Final Fantasy XV und Kingdom Hearts, sowie die legendäre Komponistin Yoko Shimomura, die ebenfalls an diesen Spielen mitgearbeitet hat, sind zentrale kreative Köpfe hinter dem Projekt. Isobe Takumi, der Regisseur von Reynatis, ließ sich deutlich von der ursprünglichen Vision des unveröffentlichten Final Fantasy Versus XIII inspirieren – einem Spiel, das sich stark mit der Idee von Realität und Fantasie auseinandersetzte und eine düstere, urbanere Version der Final Fantasy-Ästhetik präsentierte. Reynatis greift diese Idee auf und transformiert sie in eine moderne, magische Realität, in der eine drückende Gesellschaftsordnung und die Unterdrückung von magischen Fähigkeiten eine Schlüsselrolle spielen.

Die Vision hinter Reynatis geht über einfache Anleihen hinaus. Es ist das Ergebnis eines Wunsches, ein Spiel zu erschaffen, das nicht nur als Hommage an Final Fantasy Versus XIII gesehen werden kann, sondern auch eigenständige gesellschaftliche Kommentare und erzählerische Tiefe bietet.

Die Entwickler wollten ein Erlebnis schaffen, das sowohl nostalgisch als auch neuartig ist, und versuchten, eine Vision von Magie und moderner Unterdrückung in eine realistische Umgebung wie Shibuya zu integrieren.

In den vorgerenderten Sequenzen sieht das Spiel schon ganz gut aus.

Handlung

Die Geschichte von Reynatis spielt im zeitgenössischen Shibuya, einer pulsierenden und lebhaften Stadt, die in vielen modernen japanischen Medien einen zentralen Platz einnimmt. Doch Shibuya in Reynatis ist eine Stadt voller Widersprüche: Magie existiert, wird aber unterdrückt. Magier sind eine verfolgte Minderheit, deren Fähigkeiten von der Regierung und der Gesellschaft gleichermaßen als gefährlich eingestuft werden. Diese Diskriminierung wird von einem repressiven Rechtssystem unterstützt, das einerseits Magier verfolgt, andererseits aber auch von diesen abhängig ist, um die Ordnung aufrechtzuerhalten.

Die Handlung konzentriert sich auf zwei Hauptfiguren: Marin Kirizumi, einen jungen, rebellischen Magier, der davon träumt, der stärkste Magier zu werden, sowie Sari Nishijima, eine Polizistin mit eigenen magischen Fähigkeiten, die auf einem persönlichen Rachefeldzug ist und einen starken Sinn für Gerechtigkeit besitzt. Marin und Sari stehen auf gegenüberliegenden Seiten des Konflikts – Marin, der als Verfolgter die Freiheit für Magier sucht, und Sari, die als Teil des Systems die Ordnung aufrechterhält. Ihre Wege kreuzen sich, und während sich die Geschichte entfaltet, wird deutlich, dass beide Charaktere mehr miteinander verbindet, als es zunächst den Anschein hat.

Ein zentrales Element der Handlung ist die Droge Rubrum, die aus dem Blut von Magiern gewonnen wird und normale Menschen mit der Zeit in zauberfähige, aber auch monströse Wesen verwandelt. Diese „Verdammten“ sind Menschen, die durch den Missbrauch von Magie und die Sucht nach Rubrum zu gefährlichen Wesen mutiert sind. Die Spielenden müssen sich oft, ob im Kampf oder bei Versuchen zu helfen, mit diesen Monstern auseinandersetzen, was die Themen Sucht und Ausgrenzung in den Mittelpunkt rückt.

Ein besonderes Highlight der Geschichte ist, wie sie das Verhältnis zwischen dem Gesetz, das Magie unterdrückt, und der Realität dieser Unterdrückung darstellt. Es wird gezeigt, wie das System jene marginalisiert, die anders sind, während die Hauptfiguren in moralische und ethische Konflikte verwickelt werden.

Die Shibuya-Gang.

Optik und Audio

Reynatis besticht durch seinen stilisierten, an Anime und Manga angelehnten Look, der besonders in den Straßen von Shibuya zum Tragen kommt. Die Optik erinnert stark an Spiele wie Kingdom Hearts und vor allem jedoch an The World Ends With You sowie dessen Nachfolger, mit leuchtenden Farben und urbanem Flair. Die Darstellung von Shibuya ist detailliert und lebendig, wenn auch nicht so weitläufig, wie man es vielleicht erwarten würde. Die Architektur und das Design der Stadt sind liebevoll umgesetzt, schaffen jedoch nicht immer das Gefühl einer offenen Welt, da die Level oft eher schlauchartig und linear aufgebaut sind. Die Immersion wird leider durch die veralteten Texturen getrübt.

Der Stil der Musik im Spiel erinnert direkt an die Kingdom Hearts-Reihe; wenn man aufmerksam zuhört, kann man meinen, auch Final-Fantasy-Einflüsse zu erahnen. Das ist kein Wunder, denn Yoko Shimomura, die ebenfalls an den Soundtracks von Kingdom Hearts sowie einigen Final-Fantasy-Teilen mitgewirkt hat, hat den Soundtrack komponiert. Musikalisch bringt sie ihre gewohnte Qualität ein, wobei die Soundtracks in Reynatis zwar atmosphärisch sind, aber nicht die emotionale Tiefe oder den Wiedererkennungswert früherer Werke von ihr erreichen. Einige Stücke stechen jedoch hervor, insbesondere in den magischen und surrealen Momenten des Spiels, und tragen maßgeblich zur Atmosphäre bei.

Der gute Herr spricht binar: Mund auf oder Mund zu.

Beurteilung und Empfehlung

Pädagogische Beurteilung

Reynatis geht geschickt auf gesellschaftliche Themen ein, die in vielen JRPGs oft nur angedeutet werden. Das Spiel greift Themen wie Unterdrückung, Diskriminierung, Machtmissbrauch und Sucht auf und versucht, diese in eine fesselnde Erzählung einzubinden. Die Entscheidung, Magie als verbotene und kriminalisierte Kraft darzustellen, ermöglicht es dem Spiel, sich mit Fragen der gesellschaftlichen Marginalisierung und der Rolle von Autoritäten auseinanderzusetzen.

Besonders interessant ist der narrative Umgang mit der Figur der Polizistin Sari Nishijima, die im Laufe der Geschichte beginnt, die Strukturen, denen sie dient, zu hinterfragen. Dies führt zu tiefgründigen Dialogen und moralischen Überlegungen über den Zweck und die Gerechtigkeit von Gesetzen und Vorschriften. Dennoch bleibt die Geschichte in manchen Punkten oberflächlich, insbesondere im Umgang mit den „Verdammten“ – Menschen, die durch den Missbrauch der Droge Rubrum zu Monstern werden. Hier hätte das Spiel eine Chance gehabt, tiefer auf die Themen Sucht und soziale Ausgrenzung einzugehen, bietet jedoch im Gameplay meist nur gewalttätige Lösungen an.

Für ältere Spielende oder Jugendliche, die sich für gesellschaftliche Fragestellungen interessieren, bietet Reynatis interessante Denkanstöße. Allerdings sollten die teils klischeehaften Darstellungen und die fehlenden alternativen Lösungswege im Spiel im pädagogischen Kontext kritisch betrachtet werden.

Ein Einsatz im pädagogischen Kontext kann daher nur mit medienpädagogischer Betreuung empfohlen werden.

So schön die NEO:TWEWY-Episode auch ist, der Mix verschiedener Grafikstile ist es nicht.

Verbesserungspotential

Obwohl Reynatis viele kreative und ambitionierte Ansätze hat, gibt es mehrere Bereiche, die verbesserungswürdig sind:

Kampfsystem: Das Spiel bietet zwei Modi – den Liberated-Modus, in dem Magie verwendet wird, und den Suppressed-Modus, der es Spielenden ermöglicht, durch Ausweichen Mana zu regenerieren. Diese Mechanik ist zwar originell und bietet ein frisches Gameplay-Erlebnis, ist jedoch nicht optimal ausbalanciert. Die Slow-Motion-Funktion im Suppressed-Modus ist zu stark, was das Kampfsystem vereinfachen und dazu führen kann, dass Spielende sich auf eine einseitige Strategie verlassen.
Außerdem verhindern einige Gegnertypen einen konstanten Flow im Kampfsystem.

Technische Probleme:
Die Vorabversion von Reynatis wies einige technische Mängel auf, die das Spielerlebnis beeinträchtigten. Insbesondere niedrige Frameraten und veraltete Texturen fielen negativ auf. Dies war vor allem in Zwischensequenzen problematisch, in denen Nebencharaktere in Nahaufnahmen zu sehen waren. Die Darstellung dieser Figuren erinnerte teilweise an PS3-Grafiken, und die rudimentären, zweiframigen Mundbewegungen störten die Immersion deutlich.
Der Day-One-Patch konnte die Performance-Probleme zwar spürbar verbessern, allerdings bleiben die veralteten Texturen ein sichtbares Manko, das den ansonsten modernen Look des Spiels trübt.

Erzählung:
Während die Geschichte interessante Themen aufgreift, bleibt die Umsetzung dieser Ideen an manchen Stellen oberflächlich. Die komplexen moralischen und gesellschaftlichen Konflikte hätten durch eine detailliertere Charakterentwicklung und weniger klischeehafte Dialoge vertieft werden können. Es bleibt zu hoffen, dass einige der offenen Handlungsstränge in zukünftigen DLCs abgeschlossen werden.

Das alles tut dem Spielspaß, wenn man über die Problemchen hinwegsehen kann, jedoch keinen Abbruch.

Texturen aus der PS3-Ära und stockende Animationen beeinträchtigen zwar nicht den Spielspaß, sind jedoch definitiv nicht mehr zeitgemäß.

Fazit

Reynatis ist ein ambitioniertes Spiel, das sich bemüht, eine einzigartige Mischung aus moderner Fantasie, actionreichen Kämpfen und gesellschaftlichen Kommentaren zu bieten.
Trotz der Einflüsse von Spielen wie Final Fantasy Versus XIII, (NEO:) The World Ends With You und Kingdom Hearts schafft es Reynatis, seine eigene Identität zu formen, auch wenn es nicht alle Versprechen vollständig einlöst. Das innovative Kampfsystem und die gesellschaftlich relevanten Themen sind die Stärken des Spiels, während technische Probleme und eine gelegentlich unausgereifte Erzählstruktur das Gesamterlebnis schmälern.

Reynatis verfolgt eine deutlich erkennbare, eigene Vision, die jedoch technisch nicht vollkommen reibungslos umgesetzt werden konnte. Dennoch bietet das Spiel eine einzigartige sowie hochstilisierte Spielerfahrung und ordnet sich somit in dieselbe Nische ein, die auch schon The World Ends With You und NEO: The World Ends With You bedient haben.

Für JRPG-Fans, die sich nicht von kleineren Mankos irritieren lassen und Lust auf eine einzigartige Story inmitten von Shibuya haben, bietet Reynatis ein spannendes Erlebnis.

Als riesiger TWEWY & NEO:TWEWY-Fan war dies meine liebste Stelle im Spiel.
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